Meditationen


Sehvermögen und Wegstrecken. - Die Sehkraft deines geistigen Auges gibt Aufschluss über die Offenheit deines Horizonts. Deine äußeren Augen ebnen dir deinen äußeren Weg, dein inneres bestimmt deinen inneren Weg, es beeinflusst aber auch deinen äußeren. Bringst du beide Wege in Übereinstimmung, so gerätst du nicht auf Abwege, so bist und bleibst du auf dem richtigen Weg. In Wahrheit gibt es keine dunklen Zeiten. Es gibt Zeiten, in denen das geistige Auge des Menschen verschlossen ist und seine äußeren trotz des Lichtes, das sie umgibt, den rechten Weg verfehlen.

Aufzeichnungen. Copyright © 2024 Bülent Kacan

Verständnis und Verständigung. - Die mächtigsten Pfeiler diesseits des Flusses führen ins Leere, wenn jenseits davon der Brückenschlag verweigert wird.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan

Offener Horizont und Wachstumsprozesse. - Ein Kennzeichen der menschlichen Existenz ist ihre prinzipielle Offenheit. Ein weiteres ist es, diese, ihre eigene Offenheit im Prinzip zu begrenzen. Eine Offenheit in begrenzten Maßen ermöglicht es dem Menschen, halbwegs sicher zu existieren, während er im Fall einer grenzenlosen Offenheit auf Dauer Gefahr läuft, sich selbst zu verausgaben, letztlich zu verlieren (die Frage der Identität ist bis zuletzt eine ungelöste, unterliegt diese doch dem permanenten Wechselspiel von Offenheit und Verschlossenheit des Menschen in Raum und Zeit, nimmt das Wechselspiel die Form eines Zusammenspiels (von Offenheit und Verschlossenheit) an, so fühlt sich der Mensch wohl in seiner Haut, gerät das Wechselspiel ins Stocken oder aber außer Kontrolle, so neigt er dazu, sich nicht nur nicht wohl in seiner Haut zu fühlen, er tendiert vielmehr dazu, aus der Haut zu fahren). Ein äußeres, rein äußerliches Wachstum ist im Ausweiten seiner äußeren Grenzen möglich, während ein geistiges (spirituelles) Wachstum noch im engsten Rahmen möglich ist, ja durch diesen überhaupt erst geweckt oder hervorgerufen wird (das Erweckungserlebnis angesichts bedrückender Zeitumstände; Krisenzeiten als Zeiten des Wachstums, das, trotz oder vielmehr aufgrund von Erschöpfungen, in die Tiefe geht, aus der wiederum nach der Krise erfahrungsgemäß „geschöpft“ werden kann).

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan

Die Sozialität zur Solidarität.. - Die Binde-Glieder suchen und versuchen, die losen Glieder einer Kette, die gerissen ist, zusammenzuführen und zu verbinden. Vordergründig, so scheint es, streben sämtliche Glieder der Kette auseinander, bei genauerem Hinsehen jedoch zeigt sich, dass es ein einziges Glied ist, das der Zerreißprobe nicht stand halten konnte und gerissen ist. Der geschlossene Kreis der Kette wurde unterbrochen, weil ihr schwächstes Glied der Zerreißprobe nicht standhalten konnte. Es sind die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft, die in Krisenzeiten einer Zerreißprobe nach der anderen ausgesetzt sind, auf die der stärkste (soziale) Druck ausgeübt wird, die Stärkeren und Starken werden, auch wenn sie sich im gewaltigen Gefüge der Gesellschaft in Sicherheit wähnen, der Gesetzmäßigkeit der Kettenreaktion folgend, folgen. Es kommt darauf an, den Kräften (frühzeitig) entgegenzuwirken, die dafür verantwortlich zeichnen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in Krisenzeiten einer Zerreißprobe nach der anderen ausgesetzt wird; eine Kette ist nur so stark, wie ihre schwächsten Glieder es zulassen, die allerdings nicht gefügig gemacht, sondern gestärkt werden müssen, soll die Kette insgesamt widerstandsfähiger werden. Dem Verschluss der Kette, dem entscheidenden verbindenden Element im Gefüge, kommt, was das Austarieren der (Gegen-)Kräfte, die Tragfähigkeit ihrer einzelnen Glieder und ihren Zusammenhalt anbelangt, eine Schlüsselfunktion zu. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, dass eine Kette, die aus gleich starken Gliedern besteht, absolut reißfest ist – ab einem bestimmten Moment, während einer nicht nachlassenden Zerreißprobe, wird auch die stabilste Kette reißen, wird sich das stärkste Glied darin als das schwächste erweisen und ihr Verschluss als unhaltbar. Es kommt nicht darauf an, die schwächsten Glieder eines Gefüges gegen ihre stärksten Glieder auszuspielen (vice versa), sondern die schwachen zu stärken, um so den Zusammenhalt des gesamten Gefüges selbst unter der größten Zerreißprobe zu garantieren. In einem gerechten Gefüge haben sich die Schwächen und Stärken ihrer Mitglieder aufgehoben, ein jedes Mitglied ist auf seine Weise (selbst-)wirksam darin, es darf sich darüber hinaus verwirklichen. Die Verwandlung des Gefüges in ein ansehnliches Geschmeide, die Schmiegsamkeit seiner einzelnen Glieder selbst in außerordentlich bewegten Zeiten, ist Ausdruck einer allgemeinen Befindlichkeit, die man im besten Sinne des Wortes Gelassenheit nennen kann.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan

Der Weg als Metapher und Wirklichkeit. - Das Einfache ist das Wahre. Das Zweifache ist zweifelhaft (man kann daran, einem Wanderer gleich, der vor einer Weggabelung steht und weder ein, noch aus weiß, schließlich verfügt er weder über eine Landkarte, noch gibt es einen Wegweiser, verzweifeln). Das Vielfache ist verwirrend (man kann sich darin, einem Irrgarten gleich, mangels Wegweiser und Weggefährten, verlaufen und verlieren). Der einfache Weg ist wahr, dass heißt nicht, dass er leicht zu bewältigen wäre, für gewöhnlich erfordert er die schwerwiegendsten Entscheidungen und weist er die schwierigsten Hürden und Hindernisse auf (es handelt sich um äußere, wie innere Widerstände, überwindest du die inneren Widerstände, so werden dir die äußeren nicht mehr im Wege stehen). Wer den einfachen Weg wählt, der wird zwangsläufig auf Widerstände stoßen, der wird aber auch an seinen (Selbst-)Überwindungen wachsen. Die Wahl des Weges ist entscheidend. Der Wille, ihn zu beschreiten, ist vorentscheidend. Kein Weg ist vorgegeben. Was also beschreitest du, Wanderer deines eigenen Lebensraumes, vorgegebene Bahnen und trittst in fremde Fußstapfen? Wer, wenn nicht du selbst, sollte Kenntnis von seinem inneren Kompass haben? Nimmst du ihn ihn einmal in Anspruch, so wird keine äußere Kraft eine Verfügungsgewalt über dich ausüben können! Bewahre das Geheimnis! Es sind nicht deine äußeren Schritte, die dir den Weg ebnen werden, sondern deine innere Neigung ist es, die dir den einfachen Weg ebnen und deine Laufrichtung darauf vorgeben wird. Dein Verstand ist ein treuer Weggefährte, er wird dir dabei behilflich sein, deine Ausfallschritte zu korrigieren und dich, im Fall der Fälle, in die richtige Bahn zu lenken. Deine Intuition ist ein unverzichtbarer Wegweiser, nimmst du sie wahr, hörst du also auf deine innere Stimme, so wirst du deiner eigentlichen Bestimmung entgegengehen. Läuft nicht auch das Kind, kaum, dass es seine ersten Schritte macht, jauchzend seiner Mutter entgegen, wohlwissend, dass sie am Ende des Weges mit offenen Armen auf es wartet? Es weiß intuitiv, dass es ankommen wird, dass sie es aufgefangen und in ihre Arme schließen wird, schließlich hat sie es liebevoll angenommen, also wird es auch als erwachsene Person einer offenen Zukunft zuversichtlich entgegengehen. In der Tat gilt es, die Metapher des Weges gehend, stolpernd, stürzend, wieder aufstehend, weitergehend, weitestgehend in (die) Wirklichkeit umzusetzen.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan


Mitgerissen werden. - Auf den entscheidenden Abschnitten ihres Weges - es handelt sich um Übergänge, die eine neue Phase ihres Wachstums in alle nur denkbaren, aber auch undenkbaren Himmelsrichtungen ankündigen - nehmen die Weisen die Form von Rädern an, die über vier zappelnde Speichen verfügen, wobei sie vor nichts und niemandem Halt machen; einmal in Fahrt gekommen, rollen die jubelnden Räder auf und davon. Wer ihnen unterwegs in die Quere kommt, der wird nicht etwa überrollt, was den Davonrollenden angesichts der überaus schmalen, rasiermesserscharfen Wegstrecken durchaus zuzutrauen wäre, der wird von ihrem überschwänglichen Elan vielmehr erfasst und mitgerissen; der Ergriffene purzelt aus freien Stücken mit den Weisen mit, nimmt während seines überstürzten Rollvorgangs die Form eines halbwegs ansehnlichen Rades an und rollt, sichtlich erfreut über die außerordentlich hohe Reisegeschwindigkeit, eine geraume Zeit jauchzend hinter den Weisen her. Die Aufholjagd endet abrupt, sobald das Verfolgerrad aus unerklärlichen Gründen von der Hauptroute abweicht, die eigene Spur wiederfindet, seine ursprüngliche Gestalt annimmt und glücklich und zufrieden, in gewisser Weise verwandelt seines Weges geht.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan





Klarheit verschaffen. - Du darfst, möchtest du dir ein für alle Mal Klarheit in einer äußerst wichtigen Angelegenheit verschaffen, eine Wahrheit, die nicht nur zu ihrer Klärung, sondern auch zur Auf-Klärung der undurchsichtigen Verhältnisse, in denen du dich bewegst, einen, wenn nicht d e n entscheidenden Beitrag leistet, nur weil sie anderen missfällt (mit denen du dich in unklaren Verhältnissen befindest), nicht auch deswegen zurückhalten und verschweigen, weil sie dich selbst, der du sie zur Sprache bringst, in Mitleidenschaft ziehen könnte.

Aufzeichnungen. Copyright © 2024 Bülent Kacan


Ungewissheit und Zeitumstände. - Die Ungewissheit der Zeitumstände macht, dass nicht wenige Menschen den Fortschrittsoptimisten ihre Gefolgschaft aufkündigen, während sie zunehmend den Fortschrittspessimisten folgen, die die Uhr anhalten, die Zeit zurückdrehen und eine geschlossene Gesellschaft errichten wollen. Wer über die gegenwärtigen Umstände der Zeit bestimmt, wer sie maßgeblich beeinflusst, der beherrscht auch den Raum, in dem sie sich so und nicht anders ereignen (werden). Die Bestimmung oder Beeinflussung der gesellschaftlichen (Denk-, Sprach- und Handlungs-)Räume hin zu ihrer massiven Beeinträchtigung sind die entscheidenden machtpolitischen Stellschrauben, die räumliche Abgrenzungen nach sich ziehen (werden), sie sind Ausdruck nicht progressiv, sondern regressiv ausgerichteter Zeitumstände.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan


Kurze Meditation über Raum und Zeit. - Der Tag hat 24 Stunden, ganze 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, ein Menschenleben lang, so weit, so gut, könnte man meinen und doch dehnt sich jeder einzelne Augenblick, den du bewusst wahrnimmst, aus, zieht er sich horizontal in die Länge, sinkt er auch geradwegs in die Tiefe, dauert der Moment weit mehr als ein Sekundenbruchteil an, überdauert er das gewöhnliche Maß eines einzigen Momentums, gehen die Augenblicke nahtlos ineinander über, sprengst du, auch in dem Bewusstsein, dass das Leben insgesamt ein einziger, nicht enden wollender Augenblick ist, zuletzt den äußeren zeitlichen Rahmen – dein inneres Uhrwerk, es läuft im Zuge deiner Versenkung langsamer, es läuft losgelöst von der Schwerkraft deines Seins, auch wenn es nicht am Schnürchen läuft, lass es laufen, lass es zu! Finde im Augenblick ein kleines Fenster hin zur Ewigkeit, öffne es und siehe, blicke hindurch! Raum in Raum, Zeit in Zeit – du selbst, sieh zu!

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan



Die Gabe. - Sobald die Weisen etwas vergeben, beschenken sie sich selbst; nicht durch die Vergabe, auch nicht durch die Gegengabe, sondern durch das Geschenk, das der Andere ist.

Aufzeichnungen. Copyright © 2024 Bülent Kacan



Sachlich. Unsachlich. - Wenn ich mich einer Sache annehme, so darf ich sie mir nicht zu eigen machen, andernfalls werde ich in meiner Argumentation, was die Sache betrifft, unsachlich, d.h ich werde mich persönlich angegriffen fühlen (und es womöglich auch sein), sobald Dritte die Sache, der ich mich persönlich angenommen habe (ich habe sie mir angeeignet), angehen, sobald sie sich der Sache annehmen wollen (mitunter höchstpersönlich!), sie also auch zwangsläufig anders sehen werden wie ich sie sehe (was an der Sache selbst liegt, die, je komplexer sie ist, desto kompliziertere Gespräche nach sich zieht, bestenfalls über sie selbst, schlimmstenfalls gehen die Gespräche, die vermeintlich um sie geführt werden, geradewegs an ihr vorbei, wodurch persönliche Angriffe unvermeidlich werden). Gespräche, die über eine Sache scheitern, scheitern nicht, weil die Gesprächsteilnehmer nicht bei der Sache geblieben sind, sondern weil es ihnen im Grunde genommen nicht um die Sache selbst ging (dieser Grund, der sie selber sind, ist ihnen, weil er ihnen unbewusst ist, unbekannt, hierdurch aber tritt er unvermeidlich ein), weil sie die Sache zu persönlich genommen haben (und sich selbst zu wichtig nehmen), hierdurch aber wurden sie zwangsläufig unsachlich, d.h. sie wurden persönlich (sie sind nicht bei der Sache geblieben), das Scheitern der Gespräche ist die Folge. Gespräche über das Wetter gehen in der Regel glimpflich aus, weil keiner der Gesprächsteilnehmer in der Lage ist, sich der Sache persönlich anzunehmen, im Übrigen spricht die Sache für sich (der Stand der Sonne, die Wolkenarten, ihre Formationen, Hoch- und Tiefdruckgebiete etc. sprechen für sich, d.h. solange kein Regenmacher sich der ganzen Sache annimmt), sodass die Sache, das Wetter, keine Fürsprecher benötigt. Im Falle des Klimas sieht die ganze Sache schon wieder anders aus. So gibt es einen Konsens darüber, dass es sich wandelt, während jene, die keine katastrophale Krise im Klimawandel sehen, sich auf vergangene Klimakrisen berufen, die gegenwärtige, menschengemachte Krise des Klimas hin zur Klimakatastrophe hingegen leugnen. Die Sache, d.h. die Klimakatastrophe spricht für sich, da die Sache allerdings mächtigen Widerspruch erfährt, braucht sie Fürsprecher, die sich der Sache umso mächtiger annehmen…

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan



Es gibt keine Tiefe, es gibt nur Weite. - Der tiefste Ozean ginge in die Weite, wenn man ihn an seinem Ende um 90 Grad (rechtwinklig) in Richtung des Messenden anheben würde (man würde ihn mit diesem Vorhaben zwar ausschütten, d.h der Messende ginge horizontal baden, doch die Weite seines Raumes bliebe erhalten). Der Begriff Tiefe, wie er in der Philosophie verwendet wird, er dient als Ausrede für einen nicht vorhandenen Weitblick des Philosophierenden, nicht für eine nicht vorhandene abgründige, sondern für eine nicht vorhandene voraussehende oder vorausschauende Perspektive. Es ist allerdings schwer vorstellbar, ohne nötigen Weitblick mit der Weisheit befreundet zu sein. Der Fall Thales spricht Bände: Der alte Milesier hatte erkannt, dass der Grund des Brunnens, in den er, wie ihm nachgesagt wurde, hineingefallen war, die optimale Ausgangsbasis für die Beobachtung der Sterne war. Die Tiefe des Brunnenschachtes diente dem philosophischen Aus- oder Aufblick, sie kam dem Weitblick des Philosophen zu Gute.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan



Dafür und Dagegen. - In einer Sache dafür zu sein ist kein Argument, dagegen zu sein ist es auch nicht (jedenfalls solange die Sache nicht für sich selbst spricht). Damit Dafür und Dagegen als Standpunkte dienen können, von denen aus in einer Sache (nicht selten in eigener Sache; die fremde Sache dient oftmals dazu, in eigener Sache vorwärtszukommen) argumentativ vorgegangen werden kann, benötigen sie eine Begründung (bestenfalls einen Beleg oder einen Beweis), die in der Lage sind, die behauptete Sache auf einem soliden Sockel zu stellen, andernfalls kriegt sie nämlich nasse Füße. Allein aus dem Verständnis einer Sache heraus kann sich ein plausibles (Da-)Für oder (Da-)Gegen sie ergeben, andernfalls handelt es sich um eine Meinung (eine Mutmaßung, Unterstellung oder bloße Behauptung, die, da es ihr (trotz Begründung) an hieb- und stichfesten Belegen oder Beweisen mangelt, mit Vehemenz vorgetragen und verteidigt wird, wodurch die Sache allerdings nicht glaubwürdiger wird, sondern fragwürdig bleibt). Wann, vor allem aber wie spricht nun eine Sache für sich selbst? Eine Sache spricht für sich selbst, sobald der Zusammenhang, der sie ausmacht, dem Beobachter schlagartig einleuchtet. Ihr Zusammenhang ist selbst dann noch evident, wenn dem Beobachter die einzelnen Elemente der Sache nicht geläufig sind, ja, gerade weil ihm der Zusammenhang der Sache en détail entgeht, erscheint der Sachzusammenhang dem Beobachter klar und deutlich vor Augen, spricht die Sache (zusammengenommen) für sich selbst, ganz so, wie wenn eine Person, die es zu einem Spaziergang hinaus in den Wald zieht, den Wald vor lauter Bäumen sieht. Mag jeder einzelne Baum auch noch so interessant erscheinen, es ist das Große und Ganze, der Zusammenhang, d.h. der Wald, der die Person interessiert, den sie gezielt aufsucht, schließlich möchte sie sich darin erholen. Die Person, die es in den Wald zieht, sie wäre, weil sie dafür ist, dass das Ökosystem Wald der Stadtbevölkerung als Naherholungsgebiet erhalten bleibt, dagegen, dass auch nur ein einziger Baum gefällt wird.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan



Alternativen denken und ermöglichen. - Es ist unmöglich, Alternativen zu erdenken, solange das Bestehende zuvor nicht durchdacht (im Sinne von durchleuchtet) wurde (an ihm werden sich die Alternativen, bevor sie selbst zum Maßstab werden, messen lassen müssen). Es ist nicht die Komplexität des Bestehenden, die Alternativen selten bis unmöglich macht. Es ist das konventionelle Denken (genauer: seine Begrenztheit), das die Komplexität des Bestehenden (sein Potential) im Hinblick auf die Ermöglichung von Alternativen nicht zu durchdenken vermag. Es existieren potenziell unendlich viele Alternativen zum Bestand der Dinge in der Welt (mit dem Bestand der Dinge in der Welt ist auch und v o r allen Dingen gemeint: die bestehende Ordnung, deren Alternativen begrenzt sind), während die Welt selbst, was die Menschheit betrifft, die auf ihr existiert, alternativlos ist. (Potenziell unendlich viele) Alternativen zum Bestehenden (zum Bestand der Dinge) in der Alternativlosigkeit Welt zu erdenken ist die große Hoffnung der Menschheit, eine alternative Ordnung zur bestehenden Ordnung zu ermöglichen (die ihr eigenes Überleben sichert, während sie ihre natürliche Umwelt bewahrt), ist angesichts der bestehenden Konventionen ihre größte Herausforderung. Die Menschheit ist unfrei, der einzelne Mensch nicht frei (im Sinne von bestehenden Wahlmöglichkeiten), wenn sie keinen Zugriff auf eine zweite, dritte, vierte Ordnung hat, wenn er in einer einzigen Ordnung gefangen ist.

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan



Weichenstellung und Ereignisse. - Es gibt einen Moment während der Zugfahrt, in dem das vorbeiziehende Nachbargleis für Bruchteile eines Augenblicks stillsteht, nachdem du es mit deinen Augen zurückverfolgt und es gestellt hast, nachdem du es gleichsam eingefroren hast. Es bedarf eines geübten Blickes, willst du die rasch aufeinanderfolgenden Ereignisse, die unentwegt um dich herum geschehen, verstehen; eines Blickes, der in der Lage ist, einem Ereignis in seiner atemberaubenden Geschwindigkeit zu folgen, eines Blickes aber auch, der fähig ist, im richtigen Augenblick von ihm abzulassen und sich in den rückwärtigen Raum zurückfallen zu lassen, um im entscheidenden Moment den Entstehungszusammenhang zu begreifen, aus dem sich das Ereignis in rasanter, in rücksichtsloser Geschwindigkeit so und nicht anders entwickelt hat. Lässt du dich mit den Ereignissen mitreißen, gehst du mit ihnen mit, so gerätst du zusehends ins Hintertreffen, wirst du bald schon das Nachsehen haben. Wer, wenn nicht du selbst, sollte wissen, wohin die Reise geht?

Aufzeichnungen. Copyright © 2025 Bülent Kacan



Bilder, Rahmen und Bedingungen. - Es gibt Bilder, die einen Rahmen benötigen, um darin bedeutsam zu werden, wie es Rahmenbedingungen gibt, die darüber hinaus nötig sind, damit die Bilder an Weltgeltung erlangen können. In nicht wenigen Kunstmuseen dieser Welt hängen ausschließlich Rahmen, werden Rahmenbedingungen ausgestellt, Bilder sieht man nicht.

Aufzeichnungen. Copyright © 2024 Bülent Kacan



Bilder und Sprache. - Die Sprache der Bilder verfügt über unterschiedliche Ausdrucksweisen. Handelt es sich um gegenständliche Malerei, so spricht das Bild, sofern es uns anspricht, deutlicher zu uns, nie aber eindeutig, während es im abstrakten Fall eindeutig undeutlich zu uns spricht, es erscheint hierdurch nicht rätselhafter als das konkrete, es bleibt uns bloß oft ein Rätsel, wodurch wir aufgefordert sind, die richtigen Worte zu finden, sowohl für uns als auch untereinander, eher noch untereinander kommen wir darüber ins Gespräch, finden wir die richtigen Worte, indem wir begreifen, dass es unfassbar schön ist, doch damit haben wir schon zu viel des Guten gesagt, also sollten wir es für uns behalten. Betrachter eines ausgesprochen schönen Bildes, die nicht viel Worte zu verlieren haben, verlieren nicht unnötig viele Worte, weil sie sehen, staunen und schweigen; sie behalten es für sich - die Stille ist ihr treuer Wegbegleiter.

Aufzeichnungen. Copyright © 2024 Bülent Kacan



Zwei Seiten der Transzendenz. - Es ist der Ozean, der in dem Wassertropfen, der aus schweren Regenwolken hinabfällt, ein- und aufgeht - der Tropfen kommt ihm bloß entgegen.

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Sprache. Reibung. Zuversicht. - Noch vor dem eigentlichen Feuer hat der Homo Sapiens, der sich in die steinzeitliche Höhle zurückzog, um sich vor den Widrigkeiten der Natur zu schützen, im Wortwechsel mit seinem Mitmenschen ein Feuer entfacht, das ihn – den Kälte, Feuchtigkeit und Dunkelheit umgab - innerlich wärmte, das ihm Hoffnung machte. Das Aufeinanderstoßen und Aneinanderreiben der Worte entfachte den inneren Zunder der Sprechenden. In dunklen Zeiten gewinnt die Sprache eine magisch-leuchtende, eine richtungsweisende Funktion hinzu, sie kann den Menschen aus einem unentrinnbar scheinenden Labyrinth befreien, sie kann ihn aber auch geradewegs dorthin hineinführen!

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Jederzeit Paradies auf Erden. - Nicht die Ausmaße seiner Tore geben vor, wer in das Paradies eingehen darf und wer nicht, es sind die Torwächter, die, den Eintrittswilligen zu- oder abgeneigt, seine Zugänge, die sie selber sind, durch unfassbare, für die Eintrittswilligen nicht nachvollziehbare Verrenkungen beeinflussen und also maßgeblich mitbestimmen. In Wahrheit aber gibt es gar keine Tore, die in das Paradies führen! In Wahrheit gibt es nur seine Wächter, diese aber verrenken sich unentwegt nach Leibeskräften (ein Umstand, der dazu führt, dass der Zutritt in das Paradies auf unbestimmte Zeit vertagt wird). Wahr ist aber auch: Es gibt gar kein Paradies, über dessen Einlass die Wächter maßgeblich mitbestimmen könnten! In Wahrheit stehen die Paradieswächter ganz allein auf weiter Flur. Nein, in Wahrheit gibt es nicht einmal die Paradieswächter! In Wahrheit ist es allein das menschliche Herz - unerheblich, ob gläubig oder nicht - das paradiesische Zustände verspricht. Die ganze Wahrheit also lautet: Die Liebe ist die einzige Wächterin weit und breit, sowohl im Himmel als auch auf Erden, die den Liebenden einen uneingeschränkten Zutritt in das Paradies gewährt.

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Konzentrische Kreise - Für gewöhnlich reichen die Kräfte im Kampf gegen die herrschende Ungerechtigkeit in der Welt nur für die eigenen, engeren Kreise, in denen sich der Mensch bewegt (es bringt auch nichts, wenn er mit letzter Kraft gegen das große Übel dort draußen ankämpft, während ihn die kleineren Übel in den eigenen, engsten Kreise in Atem halten). Allerdings übersieht der Mensch, der sich im Kampf für mehr Gerechtigkeit in den eigenen, engsten Kreisen einsetzt, dass es die herrschende Ungerechtigkeit in den größeren und größten Kreisen ist, die sich konzentrisch um sämtliche darunterliegenden Kreise legen, die das Übel darin erst möglich machen. 

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Das Schweigen der guten Zungen gebiert lauter Unwahrheiten. - Kommen die bösen Zungen einmal auf die Wahrheit zu sprechen – und man kann sagen, sie kommen in letzter Zeit recht häufig darauf zu sprechen! – so werfen sie den guten Zungen vor, die Tatsachen zu verdrehen, ja, sie bezichtigen sie geradezu der Lüge. Da die guten Zungen es vorziehen, zu den, wie man sagen muss, unhaltbaren Vorwürfen zu schweigen, wie sie in letzter Zeit überhaupt zu allem schweigen – schließlich ruhen sie ausgesprochen bequem in ihren Rachenhöhlen, außerdem spreche die Wahrheit für sich! - stimmen sie den bösen Zungen damit bei, geben sie ihnen gewissermaßen recht.

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